Rodes Malerei beschäftigt sich auf eindringliche Weise damit, wie Vergangenheit und Gegenwart ineinander übergehen und sich gegenseitig beeinflussen. Seine großformatigen Werke wirken wie Orte, an denen unterschiedliche Zeiten aufeinandertreffen. Sie bewegen sich zwischen Bühne und Erinnerung: Einerseits erinnern sie an Räume, in denen eine Szene stattfinden könnte, andererseits wirken sie wie innere Bilder, die aus dem Gedächtnis auftauchen. Dadurch entsteht ein Zustand zwischen Darstellung und Erinnerung, ein Raum, der nicht nur zeigt, was dargestellt wurde, sondern wie etwas in unserer Wahrnehmung wieder auftaucht.
Im Mittelpunkt steht daher nicht das Motiv als solches, sondern das Erscheinen der Dinge – ihr Auftauchen, Weiterklingen und Verschwinden. Rodes Bilder scheinen nachzufragen, wie Dinge in unserer Erinnerung Gestalt annehmen, warum bestimmte Objekte oder Atmosphären bleiben, während andere verblassen. Die Malerei wird damit zu einem Prozess des Sich-Erinnerns, der sich im Bild selbst vollzieht.
Die dargestellten Räume wirken wie verdichtete innere Räume, wie bewusste Konzentrationen von Vergangenheit. Jedes Objekt trägt Spuren einer früheren Existenz in sich, fast so, als ob es eine Geschichte in sich gespeichert hätte. Gleichzeitig erscheinen die Dinge nie vollständig oder eindeutig. Zwischen Vergangenheit und Gegenwart entsteht in seinen Bildern eine „laute Stille“ – ein Schweigen, das aber mit der Energie des Vergangenen erfüllt ist. Der Betrachter spürt, dass diese Stille nicht leer ist, sondern voller Erinnerung und unausgesprochener Bedeutungen.
Immer wieder tauchen historische Anspielungen auf, häufig mit Bezug zum ost- und mitteleuropäischen Raum der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Diese Hinweise sind jedoch nie eindeutig oder dokumentarisch. Rodes Malweise bricht sie auf, fragmentiert sie, verschiebt und überlagert sie. So entstehen Bildmomente, die plötzlich aufleuchten – eruptiv, bruchstückhaft, kraftvoll. In dieser Gleichzeitigkeit von Vergangenheit und Gegenwart erinnert seine Kunst an Walter Benjamins Idee des „Dialektischen Bildes“, in dem sich Zeitströme kreuzen und ein neuer Erkenntnismoment entsteht.
Gerade weil die Szenen fragmentarisch bleiben, öffnen sie einen besonderen Denkraum. Sie sind nicht abgeschlossen, nicht vollständig erklärt. Diese Unvollständigkeit fordert den Betrachter heraus, selbst zu deuten, wahrzunehmen, zu erinnern. Die Bilder schaffen einen ethischen Raum, in dem man nicht bloß konsumiert, sondern in Beziehung tritt – mit dem Dargestellten, mit der eigenen Erinnerung und mit der eigenen Wahrnehmung.
Besonders stark wirken in Rodes Arbeiten Materialität und Sinnlichkeit. Oberflächen, Muster, Stofflichkeit und sogar atmosphärische Eindrücke wie Geruch oder Temperatur scheinen im Bild mitzuschwingen. Die Malerei wird so zu einem körperlichen Erlebnis. Erinnerungen werden nicht nur im Kopf angesprochen, sondern auch im Körper, als fühlbare Präsenz von Dingen, die einmal da waren.
Aus philosophischer Perspektive kann man sagen, dass Rodes Malerei ein Raum des Denkens ist – ein Ort, an dem Fragen nach dem Wesen des Bildes gestellt werden. Was bedeutet es, etwas abzubilden? Was geschieht zwischen Bild und Betrachter? Wie kann ein Bild wahr sein, wenn es nicht eindeutig verstehen lässt, was es zeigt? Rodes Werke zeigen, dass Nichtverstehen kein Mangel sein muss, sondern ein produktiver Moment: ein Anstoß, genauer hinzusehen, langsamer zu denken, sich vom Bild berühren zu lassen.
In diesem Schwebezustand zwischen Form und Auflösung, Traum und Realität, Erinnerung und Gegenwart verbindet sich alles zu einem zentralen Gedanken: Wahrheit liegt nicht nur im Sichtbaren selbst, sondern in dem, was das Bild zum Klingen bringt. Rodes Malerei lädt dazu ein, die Stille zwischen den Formen zu hören – den Zwischenraum, in dem Vergangenheit gegenwärtig wird und Gegenwart Spuren der Vergangenheit offenbart. Dieser Zwischenraum ist der Kern seiner Arbeit und das, was ihre besondere Wirkung ausmacht: ein Ort, an dem Wahrnehmung, Erinnerung und Denken zusammenkommen.
Rode’s painting engages in a striking way with how past and present interlace and influence one another. His large-format works appear like places where different times converge. They move between stage and memory: on the one hand, they resemble spaces in which a scene might unfold; on the other, they seem like inner images rising from memory. This creates a state between depiction and recollection—a space that not only shows what is represented, but how something resurfaces in our perception.
At the center, then, is not the motif itself but the appearance of things—how they emerge, resonate, and fade. Rode’s paintings seem to ask how things take shape in our memory, why certain objects or atmospheres persist while others recede. Painting becomes a process of remembering, enacted within the image itself.
The depicted spaces appear like condensed interior realms, deliberate concentrations of the past. Every object carries traces of an earlier existence, as if it stored a history within itself. At the same time, nothing ever appears complete or unequivocal. Between past and present a “loud silence” arises—a silence charged with the energy of what has been. The viewer senses that this silence is not empty, but full of memory and unspoken meanings.
Time and again, historical allusions emerge, often referring to the Eastern and Central European context of the second half of the twentieth century. Yet these hints are never explicit or documentary. Rode’s painterly approach breaks them open, fragments them, shifts and overlays them. This produces image moments that flare up suddenly—eruptive, fragmentary, forceful. In this simultaneity of past and present, his work recalls Walter Benjamin’s idea of the “dialectical image,” in which currents of time intersect and a new moment of insight becomes possible.
Precisely because these scenes remain fragmentary, they open a distinctive space for thought. They are not closed, not fully explained. This incompleteness invites the viewer to interpret, to perceive, to remember. The paintings create an ethical space in which one does not merely consume, but enters into a relationship—with what is shown, with one’s own memory, and with one’s own perception.
Materiality and sensuousness play a particularly powerful role in Rode’s work. Surfaces, patterns, textures, and even atmospheric impressions such as smell or temperature seem to resonate within the image. Painting becomes a bodily experience. Memories are addressed not only in the mind but in the body—as a palpable presence of things that once were.
From a philosophical perspective, one could say that Rode’s painting is a space of thought—a place where questions about the nature of the image are posed. What does it mean to depict something? What happens between image and viewer? How can an image be true if it does not clearly reveal what it shows? Rode’s works suggest that not understanding is not a deficiency but a productive moment: an impulse to look more closely, think more slowly, allow oneself to be moved by the image.
In this state of suspension between form and dissolution, dream and reality, memory and presence, everything converges into a central idea: truth lies not only in what is visibly there, but in what the image sets into resonance. Rode’s painting invites us to listen to the silence between forms—the in-between space in which the past becomes present and the present reveals traces of the past. This in-between space is the core of his work and the source of its particular power: a place where perception, memory, and thought come together.